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Image by Galina N

Die andere Perspektive

Der Tierschutzhund einmal aus einer ganz anderen Sicht ...


Nach dem Gespräch mit Blanca, der auf der Straße lebenden Herdenschutzhündin (von Berufswegen), schrieb eine Leserin, dass sie da viele Eigenschaften mit Katzen vergleichen könne. Und der Gedanke erschien mir nicht einmal sehr abwegig.

Gerade Herdenschutzhunde zeigen nach Adoption doch häufig „Erziehungsprobleme“ auf, da sie vom Wesen her sehr selbstständig sind und genau wie Katzen, mehr oder weniger ihr Revier verteidigen bzw. ihre Menschen beschützen. Es heißt oft, Katzen kann man nicht erziehen. Aber ist es da nicht ähnlich wie bei den Herdis? Wenn man nicht von ihnen fordert, sondern sie dahin führt, ihre eigene Entscheidung zu treffen, um das zu tun, was wir letztendlich wollen, werden sie um vieles flexibler im Geist …


Aber hier soll es um Tierschutzhunde im Allgemeinen gehen, und welche Vergleiche man eigentlich zur Katze ziehen kann. Darum habe ich mich mit einer Expertin unterhalten.

Katina ist eine griechische Hündin, die ihre Menschen häufig umdenken lässt, weil sie sich eben oft wie eine Katze verhält.

Und ist es nicht so, dass man manche Dinge besser nachvollziehen kann, wenn man sie mal einer ganz anderen Perspektive betrachtet?

Katina selbst beschreibt sich als ängstlich, aber auch abenteuerlustig, neugierig und ein bisschen verrückt. Sie hat Freude daran, ihr inneres Kind auszuleben und ihren Menschen zu zeigen, wie sich ihre innere Katze oder ihre innere Prinzessin zeigt …

Aber nicht alle Hunde aus dem Tierschutz sind so fröhlich wie Katina und dazu möchte sie euch was erzählen.



Kennt ihr diese Tiere? Sie sind sehr selbstständig und haben ihren ganz eigenen Kopf und gelten als schwererziehbar. Man nennt sie Katzen!

Katzen sind uns Tierschutzhunden gar nicht so unähnlich. Aber Menschen haben von Hunden und Katzen immer ein ganz bestimmtes Bild im Kopf. Während bei Katzen vieles als normal gilt, weil die Menschen es nicht anders kennen, wird von uns Hunden doch oft einiges erwartet. Hunde gelten als des Menschen bester Freund, so erwartet man, wie sie zu sein haben und was sie alles können müssen. Da geht es um Erziehung und so vieles mehr, wo man bei Katzen nur mit dem Kopf schüttelt und sagt: „Das ist eben so, das kann man nicht oder eben nur schwer ändern!“

So gibt es z. B. Katzen, die sich nicht gerne streicheln lassen. Das zeigen die dann auch oft recht deutlich mit einem Tatzenhieb. Das ist okay, Katzen sind halt so!

Ich mag mich auch nicht gerne streicheln lassen und wenn, nur von ganz bestimmten Menschen, und wenn ich dann „deutlich“ werde, darf das in den Augen vieler Leute nicht so sein. Dann heißt es vielleicht sogar, dass ich aggressiv bin. Dabei ist es aber doch so, dass manche Menschen ein Nein einfach nicht respektieren können, selbst wenn Herrchen oder Frauchen sagen: „Bitte nicht anfassen, unsere Kratzbürste mag das nicht!“

Warum darf eine Katze also entscheiden, ob sie gestreichelt werden will und der Hund nicht? Ich kann es euch sagen, bei Katzen ist das eben so, das ist normal!

Jetzt würden natürlich viele Leute sagen, bei Hunden ist das was anderes, die sind ja gefährlicher, wenn die mal richtig zubeißen. Und das ist natürlich richtig, wir haben teilweise ganz schön Schlagkraft im Gebiss. Dennoch scheint der Mensch mehr Respekt vor einer Katze im Kampfeinsatz zu haben, oder warum respektiert man diesen Tatzenhieb sofort?


Aber darum geht es mir eigentlich gar nicht. Wenn ihr also einen Hund aus dem Tierschutz adoptiert, wisst ihr nie, was dieser vorher schon alles erlebt hat. Vielleicht kennt er keine streichelnden, sondern nur schlagende Hände. Oft ist es aber auch nur so, dass wir uns bei Berührung erst einmal in die Ecke gedrängt fühlen. Wenn wir also nicht gestreichelt werden wollen, dann ist das genauso normal wie bei einer Katze.

Übrigens habe ich so nach und nach gelernt, dass die Hände meiner Menschen wundervoll liebkosen können – aber auch das hat eine ganze Weile gedauert! Aber heute heißt es oft, ich sei eine richtige Schmusekatze geworden. Dennoch sollten Fremde darauf hören, wenn mein Frauchen sagt: „Fass die bitte nicht an, die ist manchmal zickig wie ne Katze!“

Und wie eine Katze mag ich, auch wenn ich mittlerweile gerne schmuse, selbst bestimmen, wann es mir genehm ist.


Nicht, dass hier jemand etwas falsch versteht. Auch wenn Katina Erziehung grundsätzlich doof findet, soll das nicht heißen, dass man diese Dinge einfach hinnehmen und nicht daran arbeiten soll. Sie möchte einfach nur sagen, dass Hunde aus dem Tierschutz für solche Dinge einfach Zeit brauchen, die man bei Katzen oft einfach als gegeben hinnimmt.

Aber Katina hat noch weitere Vergleiche, von denen sie uns erzählen möchte …


Wenn wir Tierschutzhunde unsere Familie finden, kommt eine ganze Reihe an Stresssituationen auf uns zu. Das geht sogar in unserem Heimatland schon los. Denn plötzlich werden wir aus unserem Alltag gerissen, in ein Auto gepackt und zum Tierarzt gefahren. Auch wenn ein Shelter kein Leben wie auf dem Sofa ist, ist es doch unser gewohnter und sicherer Ort. Viele von uns kennen nicht mal etwas anderes, weil sie schon als Welpe aufgegriffen, also gerettet und dort untergebracht wurden. Da ist die Fahrt zum Tierarzt schon ein richtiger Stressfaktor.

Katzenbesitzer können sich das in etwa so vorstellen: Die Katze muss in die Transportbox und tut wirklich, unter komplettem Körpereinsatz, alles dafür, nicht durch das Törchen der Box zu müssen. Aber bei Katzen ist das eben so!

Wenn dann der Tag der Abreise kommt, wird uns Hunden quasi der Boden unter den Füßen weggezogen. Wir verlieren in diesem Moment das Fleckchen Erde, dass uns bisher Sicherheit geboten hat und unsere Bezugspersonen. Viele von uns verlassen damit den einzigen Ort, den wir bis dahin kannten – um in eine Box gesteckt zu werden. Die lange Fahrt zum Flughafen beginnt und ich weiß aus eigener Erfahrung, wie stressig und aufregend das ist. Zudem wird einem von der ungewohnten Schaukelei ganz schlecht. Da kommt sogar das Frühstück von vor drei Tagen retour, wenn man Pech hat.

Dann am Flughafen angekommen, geht auch schon wieder die Post ab. Überall fremde Menschen, alles ist laut, alles ist neu und alles wirkt bedrohlich!

Ganz furchtbar war es, als ich dann noch mal aus der Box musste, weil die Flughafenmenschen mich begutachten wollten.

„Was wollt ihr von mir?“

Stress pur, um mich danach wieder in die Box zu sperren.

Vergleichen wir uns da mal wieder mit der Katze, kann ich nur behaupten, dass wir Hunde in der Regel wesentlich friedlicher und demütiger sind, wenn wir aus der Box geholt werden. Ich sag euch, Katzen werden dann oft zu fauchenden, kratzenden wilden Bestien. Verhält sich ein Hund so, dann ist der übrigens aggressiv. Bei Katzen ist das nicht so schlimm, die sind eben so!

Wenn das alles überstanden ist, werden wir mit den Boxen in den Frachtraum des Flugzeugs gebracht. Und glaubt mir, die stellen die Boxen nicht wie für die Prinzessin auf der Erbse dort hinein. Das geht Schnaaf, Paaf, wie mit den anderen Gepäckstücken. Sehr unschön und angsteinflößend sag ich euch!

Dort bleiben wir dann für mehrere Stunden. Es ist dunkel, es ist bitterkalt, es ist laut und es schaukelt ganz furchtbar und geht einem durch Mark und Bein – und wir wissen nicht, was das alles zu bedeuten hat und was gerade mit uns passiert.

Und dann ist plötzlich alles vorbei und wir werden aus dem Flugzeug geholt, um wieder in einer großen lauten hektischen Umgebung zu landen. Unsere vertrauten Menschen sind nirgendwo mehr zu sehen und wir schauen in die Gesichter wildfremder, freudig aufgeregter Menschen.

„Gott wer bist du denn? Was willst du von mir? Wo bin ich überhaupt? Wo sind meine Hundefreunde? Wo sind meine Menschen? Was passiert hier überhaupt mit mir?“

An dieser Stelle haben Katzen oft mehr Glück als Verstand, denn sie dürfen häufig in ihrer Box weiterreisen. Wir aber sollen an diesem fürchterlichen Ort aus der Box klettern. Fremde Hände streicheln uns, ziehen und zerren an uns und stecken uns in eine dieser Zwangsjacken.

„Wie fühlt sich das denn an? Diese Gurte, die sich um meinen Körper ziehen? Hoffentlich erdrosseln die mich nicht! Das kenne ich alles nicht, das macht mir Angst!“

Ihr Menschen nennt diese Zwangsjacke Sicherheitsgeschirr und habt natürlich einen guten und wichtigen Grund dafür, uns dieses Teil anzulegen – aber das wissen wir nicht! Und ich sage euch, eine Katze würde euch was anderes erzählen … Die würde euch glatt wegen Freiheitsberaubung vor Gericht zerren oder eben einfach um sich schlagen! Aber das ist okay, bei Katzen ist das eben so!

Aber für uns Hunde ist diese Zwangsjacke enorm wichtig, denn da kann man nicht rausschlüpfen. Und nach all dem Stress möchte man am liebsten abhauen und sich eigentlich einfach nur noch verkriechen und am besten nichts mehr hören und sehen.

Aber erst kommt nochmal eine Autofahrt …

Und dann heißt es plötzlich: „So, wir sind angekommen! Das ist jetzt dein Zuhause und wir sind deine neuen Eltern!“

Zack, Peng! „ Hä? Einfach so? Ich kenne das hier alles aber nicht! Und wer seid ihr überhaupt?!“


Dazu muss ich sagen, dass Katina das aus der allgemeinen Sicht erzählt, denn sie selbst hatte etwas mehr Glück, weil sie die Frau schon kannte, die sie in Griechenland abgeholt hat und die ganze Prozedur im Gegensatz zu vielen anderen Hunden recht gut überstanden und weggesteckt hat.

Aber erzähl weiter, Katina …


Also ich hatte auch ein paar Startschwierigkeiten, habe mich aber in meiner neuen Wohnung in meine innere Prinzessin verwandelt und mein neues Reich und die Käsebrötchen der beiden Frauen sehr wohlwollend betrachtet. Und hab dann erst einmal eine Runde gepennt!

Aber viele meiner Kollegen sind da eher wie scheue Straßenkatzen, die man plötzlich versucht, ins Haus zu holen. Entweder sie versuchen, aus der Situation auszubrechen und sind IMMER zur Flucht bereit, oder aber sie verstecken sich in einer für die Menschen schlecht erreichbaren Ecke und wollen einfach nur in Ruhe gelassen werden.

Katzen lässt man in der Regel in solchen Situationen erst einmal in Ruhe, lässt ihnen Zeit, bis sie von selbst rauskommen. Und wenn man sich ihnen nähert, dann nur ganz sachte und vorsichtig. Das sind Katzen, da macht man das eben so!

Bei uns Hunden habt ihr Menschen aber oft eine ganz andere Erwartungshaltung. Ihr freut euch auf den perfekten Familienhund, den Begleiter durch Dick und Dünn. Ihr seht die gemeinsamen Spaziergänge vor euch und ein gewisser Hunde-Verhaltenskodex ist eigentlich auch schon in euren Köpfen. Es gibt einen festen Plan für die Dinge die wir lernen und später können müssen.

Aber diese Dinge liegen genauso wenig in unserer Natur, wie in der Natur der Katze, nur das wir Hunde uns eher mit den Ansprüchen der Menschen anfreunden können.

Aber wir poltern aus einem komplett anderen Leben in das Eure und ahnen von alledem nichts. Bisher wurde von uns nichts erwartet, wir lebten einfach nur in unserer kleinen Welt.

Und dann plötzlich dieser Schock, an nur einem Tag ist plötzlich alles anders. Alles ist neu, alles ist fremd, alles wirkt bedrohlich. Im Gegensatz zur Katze, müssen wir nach draußen um unser Geschäft zu verrichten, darum können wir nicht erst einmal nur im Haus bleiben, um uns einzugewöhnen und Vertrauen zu fassen. Und damit wir eben raus gehen können, gibt es halt diese Zwangsjacken. Da können wir wie gesagt nicht rausschlüpfen und zudem können wir mit zwei Leinen daran festgemacht werden, damit, falls die eine Leine mal aus der Hand flutscht, die zweite uns dennoch am Weglaufen hindern kann.

Naja und nehmen wir es doch einfach wie bei den Katzen und bleiben so lange so viel wie möglich in sicherer Umgebung, bis dass Vertrauen aufgebaut und Angst abgebaut ist.

Es gibt Hunde, bei denen geht das ganz schnell, bei manchen sogar von heute auf morgen, aber damit ist grundsätzlich erst einmal nicht zu rechnen.

Viele von uns sind schon mit einem Trauma auf diese Reise gegangen, andere erleiden es durch den Flug. Manche von uns werde nie alle Ängste verlieren und damit nie der Hund sein, mit dem man alles machen kann.

Ich werde auch nie durch die Stadt spazieren gehen, Bus fahren oder mich in ein Lokal setzen. Ich werde auch niemals einen Pokal beim Hundetraining gewinnen. Aber dadurch, dass meine Selbstständigkeit in einem gewissen Rahmen akzeptiert wird und nicht mehr von mir erwartet wird als ich zu geben bereit bin, bin ich für meine Menschen auf meine ganz eigene Weise zum treuen Begleiter geworden. Und wenn sie mich gerade mal nicht im Blick haben, wird oft gefragt: „Wo ist eigentlich die Katze?“


Katinas Vergleiche zu Katzen sind doch gar nicht mal so verkehrt, oder? Natürlich sollte ein Hund erzogen und sozialisiert werden. Aber halt alles zu seiner Zeit. Sobald ein Hund richtig angekommen ist und Vertrauen gefasst hat, wird er sich auch für weiteres öffnen. Vielleicht wäre es ratsam, sich ein wenig von der typischen Erwartungshaltung zu lösen. Denn Erwartungen erzeugen Druck und dieser Druck geht auch auf den Hund über. Eine Katze versucht man meistens erst gar nicht zu erziehen. Ihr begegnet man ohne diese Erwartungshaltung. Man begegnet ihr einfach mit viel Gefühl, Sensibilität und Einfühlungsvermögen, um sie letztendlich zum Schnurren zu bringen.

Mehr möchte ein Hund erst einmal auch nicht, auch wenn er nicht dafür schnurren wird.

Möchtest du noch was dazu sagen, Katina?


Och nö, lasst das erst mal sacken. Ich mach jetzt lieber ein bisschen Katzen Yoga zur Entspannung. Das solltest du auch mal probieren.



Wenn hier von einem Shelter als sicherem Ort erzählt wird, dann sind Shelter wie das von Foteini gemeint. Gehege, in denen Tierschützer, meist privat, voller Liebe und Aufopferung ihre Hunde versorgen und alles ihnen mögliche für sie tun. Und obwohl es diesen Hunden dort gut geht, ist für sie die Reise ins Glück erst einmal ein Kulturschock. Darum kann ein Hund, der sich in seiner gewohnten Umgebung im Gehege als menschenbezogen, freundlich und sogar ausgeglichen zeigt, im neuen Zuhause erst einmal komplett anders verhalten. Und bei Vermittlungen aus öffentlichen Sheltern ohne Bezugsperson, sieht das Ganze noch einmal anders aus.

Am sichersten fährt man damit, wenn man tatsächlich fürs erste einen Angsthund erwartet. Umso größer ist die Freude, wenn er sich dann eben nicht so zeigt und den Weg direkt ins Vertrauen findet.

Geduld und Einfühlungsvermögen schaffen Vertrauen, Vertrauen schafft Liebe und die Liebe löst letztendlich die Angst!

Katina? Du möchtest doch noch etwas sagen?


Ihr Menschen wie auch wir Tiere, wir haben alle unseren Seelenplan. Und wer füreinander bestimmt ist, wird letztendlich auch zueinanderfinden.

Manchmal sofort und manchmal über Umwege…

Ich saß bei Schneeregen an der Müllkippe und habe dort auf meinen ganz eigenen Menschen gewartet …, aber davon habe ich euch ja schon erzählt!


Damit sagen wir Tschüss und schicken euch liebe Grüße

Karma-Klaus und Prinzessin Katina











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