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Image by Galina N

Unterwegs mit Tante Berta Blümchen



Am nächsten Morgen ging es schon ganz früh los. Tante Berta Blümchen setzte sich zwischen Klaus und mich. Sie meinte, dann könnte sie besser unseren Ideen folgen, während wir gemeinsam an ihren neuen Songtexten arbeiten.

Und ich dachte, die wollte nur mit uns mitfahren. Aber wer weiß, vielleicht könnten wir ja gemeinsam einen Hit schreiben, der dem Tierschutz zu Gute kommt. Oder wir könnten über all die Themen singen, die wichtig sind, um für die Tiere etwas zu erreichen.

Klaus hatte natürlich ganz besonders gute Ideen. Keine Frage, dass er gleich an etwas zu Futtern dachte. Er hatte sich gerade hinters Steuer geklemmt, fing er auch schon an zu singen:

„Oh mein Papa, hat mir mein Pansenbrot geklaut, oh mein Papa, war eine böse Mann ...“

„Ich hab ein knallrotes Pansenbrot …“

„Let´s talk about bread …“

Ich sag euch, es war furchtbar. Klaus wusste das Wort Pansen in alle Klassiker unterzubringen. Aber das sollte doch gar nicht Sinn der Sache sein. Ich wollte ihn gerade zurechtweisen, da sah ich Joy am Straßenrand sehen. Sie hielt ein Schild hoch auf dem stand: „Hauptsache es macht Freude!“

Als ich Klaus bitten wollte anzuhalten, war Joy aber auch schon wieder verschwunden. Hatte sie sich in Luft aufgelöst? Sie war doch eben noch da. Oder war es nur eins dieser Zeichen, die nicht jeder wahrnimmt?

Aber auch Tante Berta Blümchen schien sie wahrgenommen zu haben. Sie lächelte über das ganze Gesicht und stimmte in Klaus Gesang mit ein. Und dann sangen wir im Wechsel alle möglichen Lieder: „Pansen hier, Pansen da …ahaaa“

War das nicht von Abba? Oder das hier: „Pansen komm bald wieder, bald wieder nach Haus. Pansen fahr nie wieder, nie wieder hinaus…“ Von wem war das noch?

Die Fahrt verging wie im Flug und wir hatten alle drei unsere Freude daran. Klaus hatte sogar vergessen, andere Autofahrer zu verfluchen oder anzuhupen. Tante Berta Blümchen hatte schon Recht, wenn sie sagt, dass Musik eine ganz besondere Energie in sich trägt.

Dennoch wurde ich plötzlich ganz traurig: „Jetzt haben wir dir doch nicht beim Texten deiner neuen Lieder geholfen.“

„Ach Kind der Liebe, du nimmst das Leben oft viel zu ernst. Nicht selten entstehen die tollsten Ideen aus Momenten der Freude. Manchmal muss man einfach ein bisschen verrückt sein. Die besten Texte haben keinen Wert, wenn man das Gefühl dahinter nicht spürt. Und zwischen all den ernsthaften Liedern von Frieden, Liebe und Freiheit, brauche ich ganz oft die große Freude, damit ich nicht selbst ernst und traurig werde. Wer Gutes erschaffen möchte, darf seinen inneren bunten Hund nicht verlieren, denn ansonsten bringt er Angst und Kummer in die Welt. Und darum konntest du eben auch Joy am Straßenrand stehen sehen. Sie wollte dich darauf aufmerksam machen, dass du gerade zu sehr im Kopf unterwegs bist und dabei vergisst Spaß zu haben.“

„Joy stand am Straßenrand? Ich habe die gar nicht gesehen. Mist, die hätte doch mitfahren können.“

„Aber ich bin doch längst eingestiegen“, kam plötzlich der lustige Singsang von Joy vom Rücksitz. „In dem Moment als Klarissa bemerkt hat, dass sie an der Freude teilhaben soll, blieb mir gar nichts anderes übrig, als mich zu euch zu gesellen.“

„Hast du Pansen mitgebracht?“

„Bor Klaus …“



Als wir an einem kleinen See vorbeikamen, beschlossen wir dort unser Nachtlager aufzuschlagen. Und als wir abends gemeinsam am Lagerfeuer saßen, sprudelten die Ideen nur so aus uns hinaus. Tante Berta holte ihre Gitarre und fing an, eine Melodie zu unseren Texten zu spielen.


„Joy ist ein bunter Hund,

der in uns allen inne wohnt.

Doch oft schläft Joy an einem inneren Ort,

sodass man denkt, sie wäre nun für immer fort.

Doch die große Freude kommt zurück,

wenn man voller Dankbarkeit auf die schönen kleinen Dinge blickt.

Sie umgeben uns, sind überall, doch oft beachten wir sie nicht.

Wir sehen nicht des Blümchens Blüten, sondern nur den Stängel mit dem Knick.

Wir sehen einen Weg voller Steine, aber nicht das Grün am Straßenrand.

Wir brauchten erst die Joy mit einem Schild, auf dem „Hab Freude“ geschrieben stand.“


Natürlich musste das Lied noch ausgearbeitet werden. Aber als wir da alle so saßen und über diesen Text nachsannen, wurde Klaus und mir bewusst, wie wichtig dieses Lied für uns ist. Es ist wichtig für alle, die auf ihrem Herzensweg unterwegs sind, egal um was es dabei geht. Aber vor allem für uns, die wir uns im Tierschutz engagieren und so viel Trauriges sehen und erleben, ist es wichtig, den inneren bunten Hund nicht zu verlieren. Es ist wichtig, sich über Erfolge, und seien sie noch zu klein, zu freuen. Es ist wichtig, das Gute nicht zu übersehen. Es ist wichtig trotz aller Traurigkeit zwischendurch auch mal von Herzen zu lachen. Aber vor allem ist es wichtig, die Dinge, die man tut, nicht aus der Wut zum Menschen heraus zu tun, sondern aus dem Gefühl der Liebe zu Mensch und Tier. Nur wenn wir unseren Weg mit Liebe und Freude im Herzen gehen, können wir genau dies bei den Menschen wecken, bei denen diese Gefühle verloren gegangen zu sein scheinen.


Als wir Joy und Tante Berta Blümchen von unseren Erkenntnissen erzählten, fing Joy vor Freude in allen Farben an zu leuchten und Tante Berta sagte:

„Es gibt immer etwas für das man gerade dankbar sein kann. Aber ich kenne jemanden, der euch dazu mehr erzählen kann. Aber für heute ist es erst einmal genug. Lasst uns Schlafen gehen und morgen treffen wir uns mit meiner Freundin Adelheid …“


Klaus schlief sofort ein und schnarchte selig vor sich hin, doch ich lag noch lange Zeit wach und dachte nach. War ich nicht diejenige, die Klaus helfen wollte, durch schwere Zeiten zu kommen? War ich nicht die, die dachte, sie könnte ihm noch ganz viel beibringen? Immer mehr wurde mir bewusst, dass er vielleicht nicht über alles so intensiv nachdachte – okay, oft hatte ich das Gefühl, er würde gar nicht denken – aber dafür verweilte er viel öfter im Augenblick und nahm die Dinge genauso, wie sie gerade waren. Und nicht selten war er dabei viel fröhlicher als ich es in solchen Momenten je sein könnte.

„Warum schläfst du nicht?“ grummelte Klaus plötzlich neben mir. „Ich denke nach!“ „Lass das, das bringt doch nix, dann bist du morgen nur wieder müde und hast inneren grauen Hund. Heute war ein schöner Tag und gut ist!“

Ach ich wünschte, ich könnte die Welt manchmal mit Klausis Augen sehen.

Aber auch wenn er Recht hatte, dachte ich weiterhin über alles nach. Und plötzlich fühlte ich mich unglaublich dankbar:

„Wenn wir uns füreinander öffnen und uns akzeptieren wie wir sind, können wir ALLE voneinander lernen!“


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