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Image by Galina N

Karma - Klaus erzählt

Besuch bei den Hühnern


Einige von euch haben sicher gesehen, dass ich eine Freundin habe. Wie es dazu kam, erzähle ich ein anderes Mal.

Gestern zog sie zu mir und heute machten wir unseren ersten gemeinsamen Ausflug. Wir besuchten ein paar Hühner, die den Job haben Eier zu legen, damit der Bauer diese verkaufen kann. Diese Hühner haben eine riesige Fläche, auf der sie rennen können und sie sehen auch allesamt gut aus.

Sobald man zu ihnen an den Zaun kommt, kommen sie auch schon alle fröhlich angerannt. Ich kann euch sagen, das ist ein ganz geschwätziges Völkchen. Alle reden durcheinander, jeder möchte als erstes was erzählen, – da ist ganz schön was los.

Die meisten baten um Futter, weil man es dort extra für sie kaufen kann, damit die Menschen, die es oft zu gut meinen, nichts Falsches füttern. Aber auf diesem Weg wird auch dafür gesorgt, dass Mensch und Huhn auf ihre Kosten kommen. Denn es macht den Menschen natürlich Freude, wenn sie die Tiere füttern und beobachten können.

Aber eine Henne, es hieß Elfriede, wollte ein paar ganz wichtige Gedanken in die Welt bringen und fing an zu erzählen:


„ Viele von uns haben nicht dieses Glück Gras unter den Füßen spüren zu dürfen. Sie leben auf engstem Raum und sehen oft nicht einmal das Tageslicht.

Manche werden vollgestopft, damit der Mensch sie schneller schlachten kann, andere müssen Eier legen, als wären sie Fließbandarbeiter.

Die Menschen erzählen, dass die Haltung in Legebatterien verboten wurde, aber wirklich viel geändert hat sich dadurch für meine Freunde nicht. Diese trostlose Käfighaltung bietet immer noch nicht mehr Platz als 800 cm². Vor ein paar Jahren waren es sogar gerade mal 550 cm². 800cm², das ist nicht viel größer als ein Din A 4 Blatt. Diese Gefängnisse, man nennt sie Volieren, sind oft in drei Etagen aufgeteilt und haben eine Grundfläche von 2,5 m². Und weißt du, wie viele Hennen dort gemeinsam leben müssen? Bis zu 60 Stück. Das kann man sich gar nicht vorstellen, oder?

Also nochmal zurück zu dem Din A 4 Blatt. Schau mich doch mal an. Bin ich nicht ein hübsches großes Hühnchen? Ich bin doch größer als so ein blödes Blatt. Jetzt stell dir nur mal vier solcher Blätter nebeneinander und vier Hühnchen meiner Art vor. Wie soll man denn auf so engem Raum gemeinsam leben? Ich frage mich manchmal, ob die Menschen sich gar keine Fragen stellen, wenn sie Fotos dieser Hennen sehen, die keine Federn mehr am Leib tragen und mit Verletzungen übersäht sind. Und für die Bodenhaltung, die auch nicht aus schönem Gras besteht, müssen sich maximal 9 Hennen den Platz von einem Quadratmeter teilen.

Etwas besser haben es die Hennen, in Freilandhaltung. Aber auch dort trügt der Schein. Das ist nicht so wie hier bei uns, wo man freudenstrahlend über eine Wiese rennen kann. Das bedeutet nur, dass pro Henne 4m² Auslauffläche zur Verfügung stehen muss.

Und jetzt schau dir mal meine Freunde hier auf dieser Wiese an. Die lieben es zu rennen, die lieben es mit den Füßen zu scharren, die lieben sogar die Menschen, die am Zaun stehen, um sie zu beobachten.

Auch wir legen Eier, die man uns wegnimmt, damit der Mensch sich sein Frühstücksei kochen kann. Unsere Lebenszeit ist leider auch sehr begrenzt, aber zumindest dürfen wir sie an einem schönen Ort verbringen.“


Elfriede wurde beim Erzählen immer trauriger, auch wenn es ihr doch augenscheinlich gut ging. Zum Schluss fragte ich sie noch, ob sie einen Wunsch hätte.


„ Ich würde mir wünschen, dass die Menschen die Tiere wieder mit anderen Augen sehen. Vielleicht wäre es schön, wenn sie uns einmal besuchen kämen, um Zeit mit uns zu verbringen und uns besser kennenzulernen. Wir haben so viel mehr zu geben als das wofür man uns regelrecht benutzt. Wir haben Gefühle, wir haben eine Seele, wir können Liebe geben und Freude schenken.

Für manche Menschen sind wir sogar als Krafttier wichtig und wirken in deren Leben. Dabei werden uns wundervolle Eigenschaften zugeschrieben:

Aktivität, Schöpferkraft, Charakterstärke, Kommunikation, Genügsamkeit, Empathie und Fürsorge.“



Was Elfriede so alles wusste. Das zeigte mir auch, wie schlau Hühner sind. Sie war voller Liebe zu ihren Artgenossen und auch sehr gastfreundlich Klarissa und mir gegenüber.

Als wir nach Hause fuhren waren Klarissa und ich sehr nachdenklich. Diese Hühner, die wir dort gesehen hatten, die strotzen nur so vor Lebensfreude und einer wunderschönen, wenn auch verfressenen Energie. Sie wirkten komplett positiv in ihrem Wesen und schenkten uns dadurch eine unglaubliche Freude.

Die Menschen bei denen wir leben haben dort ihre Eier gekauft. Eier von glücklichen Hühnern. Das ist zumindest ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn es sicher besser wäre, komplett darauf zu verzichten.


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